Aufs Jod kommts an!
Bedingt durch den einstmals ausgeprägten Jodmangel zählte die Steiermark seit jeher zu den klassischen Kropfländern Europas. Die älteste Darstellung eines Menschen, der an den Auswirkungen eines schweren Jodmangels leidet, entstammt dem Reiner Musterbuch aus dem Jahre 1215. Deutlich sind der grosse Kropf und die ausgeprägte Entwicklungsstörung zu erkennen. |
Durch die Bundesgesetze über den Verkehr mit Speisesalz wurde 1963 und 1990 die Jodbeimengung zum Speisesalz in Österreich gesetzlich verankert. Die Kropfhäufigkeit, aber auch die anderen durch Jodmangel hervorgerufenen Krankheiten, wie körperliche und geistige Entwicklungsstörungen, Unfruchtbarkeit und erhöhte Säuglingssterblichkeit haben deutlich abgenommen.
Obwohl des Element Jod so lebensnotwendig ist, werden nur ganz geringe Mengen gebraucht. Die täglich notwendige Jodmenge beträgt beim Erwachsenen nur 200 bis 300µg, das sind 2 bis 3 Zehntausenstel Gramm. Im gesamten Leben benötigt der Mensch nur etwa 4 bis 5 Gramm Jod.
An der Internen Abteilung des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in Graz Eggenberg wurde bereits in den 80er Jahren eine neue Methode zur einfachen Bestimmung des Jodgehaltes im Harn und in Nahrungsmitteln entwickelt. Es ist daher seit bald 15 Jahren möglich die Jodausscheidung nach dieser Methode zu bestimmen. Dies wurde bis jetzt routinemässig bei mehr als 60.000 Patienten durchgeführt.
Die Jodausscheidung geht parallel mit der Jodaufnahme und erfolgt nahezu ausschliesslich über Niere und Blase. Daher kann durch die Bestimmung des Jodgehaltes im Urin eine Aussage über die Jodversorgung eines Menschen getroffen werden. Aber auch der Jodgehalt von Speisen und Getränken kann mittels der neu entwickelten Methode, die inzwischen weltweit verwendet wird, bestimmt werden. So ist es auch möglich die Jodaufnahme direkt aus dem Essen zu bestimmen.
In den zahlreichen in Graz-Eggenberg durchgeführten Untersuchungen wurde bewiesen, dass sich die Jodversorgung in den letzten eineinhalb Jahrzehnten deutlich verbessert hat. Ein schwerer Jodmangel kommt heute nur mehr ganz selten vor. Von einer optimalen Jodversorgung kann jedoch leider noch immer nicht gesprochen werden. Vor allem in den letzten drei Jahren nahm die Jodausscheidung der in Eggenberg untersuchten Patienten wieder ab. Auch in einer heuer durchgeführten Bestimmung der Gesamtjodmenge in verschiedenen Kostformen wurde ein deutlich zu niedriger Jodgehalt in der normal gesalzenen Nahrung gefunden. Hauptursachen für den so niedrigen Jodgehalt der österreichischen Nahrung sind wohl der allgemein empfohlene sparsame Salzgebrauch und der häufige Verzehr von Fertigprodukten, die nur teilweise mit jodiertem Speisesalz zubereitet werden.
Um die notwendige tägliche Jodmenge zu erreichen, muss auf eine bewusst jodreiche Ernährung geachtet werden. So lässt sich der Jodbedarf durch den wohldosierten Genuss von jodhältigen Mineralwässern oder regelmässigem Verzehr von Meeresfischen (z.B. ein Mal pro Woche) decken.
Besonders wichtig ist eine ausreichende Jodzufuhr während des Wachstums (vor allem bei Früh- und Neugeborenen), während der Schangerschaft und der Stillperiode, da es in diesen Lebensabschnitten gilt, den erhöhten Jodbedarf zu decken. Kann dies nicht ausreichend erreicht werden, so ist die Gefahr der Kropfentstehung in diesen Lebensabschnitten besonders gross.
Bei gewissen Schilddrüsenerkrankungen ist es jedoch wiederum sehr wichtig auf eine bewusste Vermeidung von jodhältigen Nahrungsmitteln zu achten. So kann durch bewusst jodreicher Ernährung bei Personen mit einer Neigung zu Schilddrüsenerkrankungen eine Überfunktion der Schilddrüse entstehen oder eine bestehende Funktionsstörung sich deutlich verschlechtern. Dies kann vor allem im mittleren und höheren Lebensalter aufgrund der dadurch entstehenden negativen Auswirkungen auf die verschiedenen Organsysteme, so vor allem auf das Herz-Kreislaufsystem, die Gesundheit und das Wohlbefinden deutlich beeinträchtigen.
Bei Patienten mit einem bereits bekannten Knotenkropf oder einer Schilddrüsenüberfunktion oder Schilddrüsenunterfunktion ist es daher notwendig vor Beginn einer Ernährungsumstellung mit dem Arzt Rücksprache zu halten und gegebenenfalls eine Schilddrüsenuntersuchung durchführen zu lassen. Eine Umstellung oder das Beenden einer Schilddrüsenhormontherapie sollte ebenfalls nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt erfolgen.